Seminar "Soziale Landwirtschaft" absolviert
Sie sind wichtig!
© Julia Zitzlsperger, AELF Passau
Sie sind wichtig! Gemeint sind und waren die Absolventinnen und Absolventen des Seminars für Einsteiger in die Soziale Landwirtschaft, genauer des "Seminars zur Betriebszweigentwicklung" in diese junge Einkommenskombination.
Zum freudigen Abschluss der mittlerweile vierten Qualifizierung im Herbst 2023 wurde deutlich, welch hohen Stellenwert die Soziale Landwirtschaft für das Gemeinwohl aufweist.
Die Teilnehmerschar wurde gelobt und gefeiert: Viel Prominenz war angereist. Eingeladen hatten die Seminarleitungen Kerstin Rose und Ina Feldhoffer, Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Passau bzw. Augsburg.
Projekte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Dem Seniorenwohnen hat sich der Seminarist aus dem benachbarten Baden-Württemberg verschrieben: Maximilian Hildenbrand vom Bächlehof will Wohnen mit Serviceleistungen anbieten. Ein Therapiehof soll auf dem Schlitten-Hof entstehen. Die Wessobrunnerin Magdalena Guggemos möchte den Hof öffnen für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Zwei Bauernhof-Kindergärten mit Inklusion werden angestrebt von den pädagogisch erfahrenen Absolventinnen Franziska Moser, Pleiskirchen, sowie Thea Strobl, Blossenau. Anita Hirschberger vom gleichnamigen Hirschberger-Hof bietet in Zukunft tiergestützte Aktionen mit ihren Bauernhoftieren an, insbesondere in Kooperation mit sozialen Trägern der Region.
Auf dem idyllisch gelegenen Milchviehbetrieb Reichholzrieder Hof, Dietmannsried, entstehen barrierefreie Ferienwohnungen. Zertifikatsinhaberin Franziska Briechle stellte ihr Urlaubs-Vorhaben ausführlich vor - inklusive interessanter Planungsrechnungen. Einen tieferen Einblick gewährten außerdem der Alpakahof Enßner und Katrin Stangl. Markus Enßner, erfolgreicher Alpaka-Landwirt des Aurachtal-Hofes, berechnete den Mehrwert eines zukünftigen Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Behinderung. Seine Abwägungen erstreckten sich sowohl über die Phase bis zur Umsetzung als auch über die anschließenden Monate und Jahre.
Auf den virtuellen Betriebsbesuch des Stanglhofes entführte die frischgebackene Absolventin Katrin Stangl die Zuhörerschar. Ihr Hof liegt in Mintraching. Pferdehaltung, Kleintiere, Feldbewirtschaftung und Wald ermöglichen vielfältige Angebote für Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Christina Schuller vom erlebnispädagogischen Schullerhof, Ursensollen, hat ihr fundiertes Betriebszweig-Konzept auf die Zielgruppe Menschen mit psychischen Erkrankungen ausgerichtet. Ein ähnliches Angebot soll auf dem von viel Grün umgebenen Hof von Edith Lenk, Haimbuch, entstehen. Die unterfränkische Absolventin Angela Müller, Neuses am Berg, erstellte ihr Konzept zum Thema Seniorenwohnen auf dem Hof mit Weinbau. Hierzu könnte ein bestehendes Gebäude umgenutzt werden. Die Nachfrage seitens der Senioren übersteigt bayernweit das Angebot. Christopher Spannrad, ein innovativer Anbieter von Kräutern für die Gastronomie, hat ein Ziel vor Augen: Seine Mikrofarm erweitern und einen Arbeitsplatz für einen Menschen mit Behinderung schaffen.
Rückblick auf das Seminar
Von "inhaltsreichen, wertvollen Tagen", verteilt auf acht Monate, mit Hausaufgaben und viel Herausforderungen, wusste Absolventin Anita Hirschberger zu berichten. Sie verglich in ihrem Benefit-Vortrag den Weg in die Soziale Landwirtschaft mit einem Abenteuer, in das man sich begeben habe. Die entstandene Gemeinschaft, der rege Austausch, das Gefühl der Zusammengehörigkeit habe zum Bestehen des Abenteuers beigetragen. Die Fortsetzung des Abenteuers sei, die unter großen Anstrengungen erstellten Konzepte in die Tat umzusetzen.
Grußwortredner ermutigen
Markus Scheuermann, Behindertenbeauftragter des Bezirks Niederbayern, lobte das große Engagement der Absolventinnen und Absolventen. Gleichzeitig mahnte er die politisch Verantwortlichen zur schnelleren Umsetzung der seit 2009 in Deutschland ratifizierten Behindertenrechtskonvention. Ein weites Feld sei endlich zu beackern.
Der Verein Soziale Landwirtschaft Bayern e.V. wurde vom zweiten Vorsitzenden, Wolfgang Scholz, vorgestellt. Die rührige Interessensvertretung ermögliche demnächst die Gründung von Demenz-Auszeit-Höfen, sei aktiv bei Veranstaltungen und vernetze die Mitglieder. Neuzugänge seien herzlich willkommen. Scholz, selbst Milchviehbauer aus dem Allgäu, lobte den Betriebszweig Soziale Landwirtschaft als Möglichkeit die Höfe zu erhalten, v. a. kleinere Betriebe hätten hier gute Chancen. Helmut Ramesberger, Behördenleiter des AELF Passau, beleuchtete die Soziale Landwirtschaft, auch im eigenen Landkreis, mit der bunten Vielfalt und Möglichkeiten für die Betriebe. Das Übernehmen wertvoller Aufgaben sei nicht zu unterschätzen. Hausherr im schönen Festambiente des Landkreissaals, Raimund Kneidinger, wurde würdig von seinem Stellvertreter, Johann Koller, repräsentiert. Schloss Neuburg sei standesgemäß der richtige Rahmen für die Zertifikatsverleihung. Ehre, wem Ehre gebührt.
Informationen zur Sozialen Landwirtschaft
Zur Weiterentwicklung würden viele Bausteine beitragen, zählte federführend Regine Wiesend auf. Die Leiterin des Referats für Landfrauen, Haushaltsleistungen und Einkommenskombinationen am StMELF erläuterte das kürzlich erschienene Praxishandbuch. "Zehn innovative bayerische Bauernhöfe wurden über Jahre auf dem Weg in die Soziale Landwirtschaft begleitet. Werdegang, Finanzierung und hilfreiche Tipps sind umfangreich beschrieben." Das gesamte Projekt sei gefördert durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds und das StMELF – das Handbuch stehe online.
Praxishandbuch Soziale Landwirtschaft - Landesanstalt für Landwirtschaft
Weitere Begleitung böten die Landesanstalt für Landwirtschaft mit qualifizierten "InfoTalks", der Newsletter Soziale Landwirtschaft, Veranstaltungen und Netzwerktreffen, die Beraterinnen an den Ämtern und diese Einsteigerqualifizierung. Die Info-Veranstaltung sei für den Juli 2024 festgezurrt.
Das Ministerium sei allen Beteiligten sehr dankbar für das große Engagement für die Soziale Landwirtschaft.
Praxisbetriebe stellen sich vor
Bei Birgit Freudenstein auf dem Sembauerhof finden verschiedenste Altersgruppen ihren Platz. Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen kommen einzeln oder in Gruppen, sitzen und beobachten, werden aktiv und pflanzen, jäten, ernten. Birgit Freudenstein als Heilerziehungspflegerin und Erlebnisbäuerin stellt jeweils individuelle Abläufe mit festen Ritualen zusammen.